Daddy hat nicht immer Recht - Geschichten aus dem Leben der (Bloody) Mary I.

18.02.2016 11:45

Sie war die erste Tochter des berühmt berüchtigten Tudor Königs Henry VIII. – Herrscher über England und Irland, Begründer der anglikanischen Kirche und Ehemann von sechs verschiedenen Frauen.  Mary’s Mutter, die Spanierin Catherine of Aragon, war zugleich auch ihre Tante, da sie vor der Ehe mit Henry mit dessen Bruder Prince Arthur verheiratet gewesen war. Als Henry VIII. genug von ihr hatte, ließ er die Ehe gegen den Willen des Papstes annullieren, verstieß sowohl Catherine als auch ihre gemeinsame Tochter Mary vom Hof, heiratete Anne Boleyn und gründete die Church of England.

Kein schönes Los für die beiden Damen von Rang. Mary war gerade 17 und durfte ihre Mutter fortan nicht mehr sehen. Ebenso wenig erhielt sie Zugang zu ihrem Vater. Doch während  Catherine drei Jahre später verstarb, sollte die Zeit von Mary Tudor erst noch kommen. Nach der Hinrichtung von Anne Boleyn wünschte Henry den Kontakt zu seiner Tochter wieder aufzubauen. Während die noch immer streng katholische Mary dies erst verweigerte gab sie später klein bei und kehrte an den inzwischen protestantischen Hof zurück. Hier lernte sie ihre 17 Jahre jüngere Halbschwester Elizabeth (später Elizabeth I.) kennen – die Tochter von Henry und Anne Boleyn – ein junges Mädchen, das selbst gerade erst seine Mutter verloren hatte. 1537 kam Bruder Edward zur Welt. In den Augen Henry’s ein Geschenk des Himmels – hatte er doch endlich einen männlichen Thronfolger in die Welt gesetzt.

Anders als Mary wurden Elizabeth und Edward streng im Glauben der Church of England erzogen. So gab es sicherlich schon in den letzten Jahren vor Henry’s Tod einige religiöse Querelen zwischen den Geschwistern. Als Henry 1547 starb folgte ihm Edward als neunjähriger Kinderkönig auf den Thron. Aufgrund seines Alters wurde das Land nun für die nächsten Jahre von einem Regentschaftsrat geleitet, doch nach nur sechs Jahren war auch diese Zeit vorbei und der von jeher eher schwächliche Junge verstarb im Alter von 15 Jahren.

Wenige Wochen später saß Schwester Mary auf dem Thron (über das tragische Zwischenspiel von „Lady Jane Grey, Königin für neun Tage“ werde ich ein andermal berichten) – und vieles sollte sich im Handumdrehen ändern: Die Church of England? Nein, danke! Ein Ehemann? Ja, aber nur ein katholischer – gerne auch aus Spanien, dem Land ihrer Mutter.

Und so kam es, dass die zuvor sehr beliebte Mary ein Jahr nach ihrer Thronbesteigung dem spanischen Prince Philip das Jawort gab und bald gar nicht mehr so beliebt bei ihren Untertanen war. Hatte Henry VIII die katholische Kirche erst  15 Jahre zuvor komplett enteignet und ihre Besitztümer unter seinen Anhängern aufgeteilt, erklärten Mary und Philip ihrerseits nun die Lehren der Church of England als Ketzerei. Ihre wichtigsten Prediger wurden verfolgt und hingerichtet und Mary selbst immer häufiger als Bloody Mary – die blutrünstige Rächerin des Katholizismus bezeichnet.

Doch eines der merkwürdigsten Kapitel im Leben der englischen Königin sollte im kommenden Jahr (1555) stattfinden. Es begann mit einem kleinen Bäuchlein, das langsam und stetig wuchs. Bald stand eine Wiege im Kinderzimmer und ein Kindermädchen wurde während der Vorbereitungen auf die anstehende Geburt eingestellt. Im April läuteten endlich die Glocken: Ein Prinz sei geboren, so hieß es in den Straßen von London. Doch während die Glückwunsch-Briefe aus dem In- und Ausland eintrudelten, saßen Mary und Philip in ihrem Schloss Hampton Court und konnten sich nicht so recht freuen: In Wirklichkeit hatte sich der kleine Prinz noch immer nicht blicken lassen – die freudigen Geschichten über eine glückliche Geburt waren nichts als Gerüchte und Mary’s Bauch noch immer so dick wie zuvor.

 Sie habe sich bei der Berechnung des Geburtstermins verrechnet, erzählte Mary einige Wochen lang - dann zog sie sich ganz aus der Öffentlichkeit zurück. Letztendlich entpuppte sich der Thronfolger als Scheinprinz und die Schwangerschaft als eine Scheinschwangerschaft. Das Königspaar sollte kinderlos bleiben und weder England noch Spanien mit einem gemeinsamen Nachfolger bereichern.

Nach den Ereignissen von 1555 konnte sich Mary nicht mehr richtig erholen. Sie wurde immer kranker und bis heute wird spekuliert, ob womöglich ein Tumor hinter Mary’s Scheinschwangerschaft gesteckt haben mag. Mit ihrem Tod im Jahre 1558 verlor Philip alle englischen Rechte und Titel und kehrte als König von Spanien in seine Heimat zurück. Mary wurde am 14. Dezember 1558 im Westminster Abbey beigesetzt. Die Krone ging an ihre Schwester Elizabeth, die als Elizabeth I. unter dem Jubel des Volkes für die endgültige Rückkehr zur Church of England sorgen sollte.